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Der März 2008
Singspielgruppe Remscheid-Nord feat. Gabriele Schulte-Poppelmann: "Sag mir, wo die Blumen sind"

Wenn's Frühling wird in Duisburg
aber auch in andern Ländern
fangen die Dinge damit an
sich plötzlich zu verändern

Verändert sieht auch mein Garten aus
man traut sich's kaum zu sagen
als hätt bei Hempels unter'm Sofa
'ne Bombe eingeschlagen

Wenn uns der Lenz ein Ständchen bringt
steckt die Natur voll Keime
man könnt' sich immerzu vermehren
wenn Sie verstehen, was ich meine

Der Has', der Fuchs, der Igel gar
die Tierchen machen Liebe
doch ich weiß seit ein paar Tagen schon
auch Pflanzen haben Triebe

Wo ich einst im Beete stand
und manchem Vogel winkte
oder bis nachts zu Tische saß
und manches Bierchen trinkte

Wo der alte Klappstuhl war
da ist jetzt Brasilien
noch immer steht das Möbel da
allerdings in Lilien

Vom Wirsing bis zum Horizont
ein einziges Geäst
bewachs'ner Müll und Flaschenpfand
wahrscheinlich auch Asbest

Wie gern würd ich da Unkraut jäten
doch ich hab andere Sorgen
ich muß für meinen Fußball-Club
schnell ein paar Stars besorgen

Ich dachte da an Diego
Schimanski und Brad Pitt
ach, und bevor ich's glatt vergesse
ich spiel da auch noch mit

Hacke, Spitze, eins zwei drei
ballern wir die Zebras aus der Krise
und was den Garten anbelangt
wie schön wär da Tim Wiese



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Der Februar 2008
Pink Floyd: "Money"

Während die Apfelbäumchen im Garten langsam vor sich hinwuchsen, was niemanden sonderlich interessierte, sind ganz woanders Gelder geflossen, über die man jetzt spricht. Es geht um Millionen. Für Klaus Zumwinkel, den Teamchef der Deutschen Post (laut Starphilosoph Dittsche "eine reine Briefkastenfirma") war die Surprise-Show der ermittelnden Finanzbehörden am Morgen des 15. Februar sicherlich ein Stückchen zu offensiv, und auch ich muß gestehen, daß ich etwas überrascht war. Bislang dachte ich immer, es sei relativ sicher, Geld nach Liechtenstein zu transferieren, es da für ein paar Jahre auf einem Investment-Trust zu parken und danach mit Zinsabschreibung über Brauckmann-Zertifikate aus dem New Economy-Fond zum Aktiendepot zurückzuleasen.
Doch die Fernsehbilder waren erdrückend. Ich sah den armen Zummi, wie er mit traurigem Gesicht zum Verhör gebracht wird, wo er von Schimanski, den ich in diesem Comic Strip ein paar Seiten weiter ebenfalls sah, einen alten Lappen in die Fresse kriegt. Ich sah die Zelle, in die sie ihn warfen, ich sah schwitzende, behaarte, zu lebenslanger Haft verurteilte Steuersünder, die ihn in den Arsch ficken wollten, und dann sah ich mich. Hatte ich nicht auch mit schwindelerregenden Beträgen jongliert in den letzten Jahren? Gab es in meinem Leben nicht auch Konten, Überweisungen und Gewerbesteuerhebesätze? Und wohnte ich nicht auch in einem schönen Haus mit Dach?
Es war höchste Zeit, den Dude zu treffen, um die Lage zu sondieren, die Situation abzuchecken, und, yeah, einfach mal wieder den Dude zu treffen. Er heißt Norbert und ist Steuerberater.
Vor ein paar Tagen hatte ich einen Termin. Der Dude überreichte mir mit mitleidigem Blick die Bilanzen für 2006 und 2007 und meinte, daß ich ganz schön tief in der Scheiße stecke.
"Das Finanzamt", fuhr er fort, "könnte stutzig werden."
Kacke. Was das bedeutete, kannte ich bereits aus dem Fernsehen. Eigentlich wollte ich Liechtenstein aus dem Spiel lassen, aber es war zu offensichtlich. Zwei glimmende Zigaretten, zwei Männer, vier Ordner im obersten Stock.
"Stutzig werden? Wie meinen Sie das" fragte ich, dem Aktiva und Passiva nicht viel bedeuten.
"Sie verdienen zu wenig" sagte der, der damit sein Geld verdient. Allmählich begann ich zu verstehen. Wenig ist immer schlecht. Und ganz wenig ist ganz schlecht, um nicht zu sagen: bedeutungslos. Für das Finanzamt war ich wahrscheinlich nur ein kleiner Fisch, dessen Wasserglas aus dem Ein-Euro-Shop stammt. Ich mußte mich wohl damit abfinden, daß keine Hundertschaft Sonderermittler mein Haus durchsucht, mich kein schönes Auto zu keinem Hochsicherheitstrakt fährt und kein Fernsehteam live überträgt. Meine Unternehmer-Ehre war höchst angekratzt.
Ich erklärte dem Dude, daß ich von 200 Euro Taschengeld im Monat prima leben kann.
"Können Sie nicht" sagte der Steuerberater.
"Doch!"
"Nein!"
"Doch!"
"Nein! Zumindest nicht statistisch gesehen."
"Und dann wird das Finanzamt stutzig?"
"Gut möglich."
Was war das denn für eine kranke Scheiße? Ich sagte dem Dude, daß Mona und ich zusammen rund 130 Euro für Lebensmittel, Sanitärartikel und Glühbirnen verballern (und das nicht etwa in einem Jahr, sondern monatlich!), daß es uns demzufolge an nichts fehlt und wir sogar immer dicker werden bei dem ganzen Wohlstand. Neulich gab´s schon wieder frischen Fisch bei uns, von Köstlichkeiten ferner Länder wie zum Beispiel einer Mango ganz zu schweigen. Ab und zu bestellen wir sogar Essen vom Chinesen, geben dem schmächtigen Mann stets ein fürstliches Trinkgeld und halten mit unserer Noblesse wahrscheinlich seine ganze Familie am Kacken. Wer nur einmal richtig nachgucken würde, fände in unseren Mägen Reste von allen möglichen Kartoffel- und Nudelgerichten, bestimmt. Und wieviel Schnitten Brot wir schon gegessen haben, eine köstlicher als die andere. Und immer dick Käse drauf, schalalala! Und wenn der Finanzminister keine Ahnung davon hat, wie feudal man als unter- bis ganzuntermittelständischer Unternehmer heute leben kann, muß er nur mal von Monas Graupeneintopf kosten.
Nachdem ich dem Dude ausführlich das Schlaraffenland beschrieben hatte, stellte sich heraus, daß wir nicht nur zu wenig verdienen, sondern auch zu wenig ausgeben.
Alles in allem zeigt die Steuererklärung, was für ein feiner Mensch ich bin. Schwarz auf weiß steht da zu lesen, daß von meinem Leben viel guter Wille, aber wenig Geld ausgeht. Als Rock´n´Roll-Firmenchef kann einem das relativ egal sein, aber als Mann sehe ich zehn Euro anders, denn Geld macht sexy. Soviel zu meiner erotischen Ausstrahlung.

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