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Der November 2007
The Doors: "Riders On The Storm" (Vinylversion)

Abgesehen von dieser Sache mit dem Führerschein und dem Gruppenabend bei der Johanniter-Unfallhilfe war mein Leben bislang eigentlich recht störungsfrei verlaufen, aber vor zwei Wochen ist es passiert. Der Super-Gau ist eingetreten. Und damit meine ich nicht, daß mir die Zähne ausfallen und ich es im Bett nicht mehr bringe, nein, es ist schlimmer als Faulheit. Was mir widerfahren ist, ist der supergauigste aller Katastrophenfälle. Remember: Das Böse ist geruchlos und gefährlich, bedroht Milliarden von Menschen und läßt, in blauen Müllsäcken verpackt, die schlaffen, unschuldigen Schultern eines traurigen Mannes noch tiefer hängen.
Die Apokalypse kam am 23.10.2007 kurz vor "Monk" auf RTL, genauer gesagt: knapp nach "Oreus" auf Technics SL-PG490. Der falsche Film, in dem ich mich befand, war für Jugendliche unter 40 Jahren nicht geeignet, starring mich selbst, produced by Sam Shocker, featuring einer Screenplay von Osram 60 Watt und dem Soundtrack von SILENCE TO EARS. Er hieß "Der Tag, an dem sich die CD auflöste".
Ein Streifen, der nicht nur mich, sondern auch meinen Audio-Projektor sichtlich überforderte. Statt flockige Untertitel und Spielzeiten abzuliefern, bot das Display nur die beiden Kanäle "no disc" und "error" an, bis sie nur noch schlapp aufflackerten und dann ganz zusammenbrachen.
Seitdem ist nichts mehr, wie es vorher war. Es ist das Ende der Welt, wie wir sie kannten. Wir haben es mit einer neuen Situation zu tun. Wir müssen verdammt aufpassen.
Und beim Kampf gegen den Errorismus an einem Strang ziehen, möglichst viele Verbündete mit ins Boot holen und fortan die Interessen unterdrückter Minderheiten wahren. Fangen wir doch einfach mal damit an, die Schurkenlabel aus dem Mittleren und Nahen Westen zu zwingen, nur noch Vinyl herauszubringen! Sie glauben ja gar nicht, wieviel Macht ein Konsument hat! Abgesehen davon, daß ich das auch nicht glaube, hat ein Konsument aber zumindest das Recht, sich einen CD-Sampler wie "Oreus" für eine Mark zuzulegen. So wie ich es etwa 1999 tat, als ich mich vom esoterisch erbrochenen Cover und dem gut sichtbaren Bibelspruch "Musik für Harmonie, Zeit und Raum" angesprochen fühlte. Vielleicht, weil diese Inhaltsangabe so weise und wahrhaftig ist, daß man sie auch auf Musik von MOTÖRHEAD anwenden kann. Mit dem Sampler verhielt es sich wie mit Platten von RAMMSTEIN, MUFF POTTER oder Peter Kraus. Ich hatte ihn in keiner besonderen Erinnerung, als ich ihn am 23.10. in den Player schob, um ihm zumindest einen gewissen Vorsprung gegenüber RAMMSTEIN, MUFF POTTER und Peter Kraus zu gönnen. Das Ergebnis war nicht nur der oben beschriebene Super-Gau, sondern auch die damit einhergehenden Gefühle wie Entsetzen, Angst und Panik, was bei meinem Gesicht besonders gut aussieht. Gern wäre ich cool geblieben, aber inzwischen hatte ich auch "error" und "no disc" in meinem Kopf.
Ich fischte die offensichtlich schadhafte Compact Disc aus dem Compact-Disc-Abspielgerät und betrachtete sie genauer. Sie fühlte sich gut an, lag geschmeidig in der Hand und ihre bedruckte Seite war noch super in Schuß. Deutlich konnte ich die Worte "Philips" und "Made in Germany 1992" lesen. Natürlich verbinde ich mit "Philips" und "Made in Germany" gewisse Erinnerungen, aber die richtig golden Memories haben weniger mit einem in Deutschland gemachten, holländischen Elektronikkonzern, sondern mehr mit Bier zu tun. Wenn man einen durchschnittlichen Tagesverbrauch von 11,5 Kästen zugrunde legt, hat man seit 1992 mit Pfandflaschen im Wert von 100740 Euro hantiert und das kommt ungefähr hin, denn fünfzehn Jahre sind eine lange Zeit. Verglichen mit der unbegrenzten Lebensdauer, die uns die Erfinder der CD 1983 bei ihrer Markteinführung versprochen hatten, sind fünfzehn Jahre allerdings ein bißchen mickrig.
Fünfzehn Jahre und "Oreus" hatte schon fertig. Die Oberfläche der Seite, wo sich Harfe und Harpune zu kostbaren Bits vereinen, um den Hörer, vielleicht bei einer guten Tasse Tee, mit einem akustischen Wellness-Bad zu verwöhnen, sah bei näherem Betrachten aus wie ein beschlagener Nuttenspiegel mit digitalen Herpesbläschen. Schon interessant, zu welch chemischen Reaktionen Polycarbonat mit esoterischer Musik fähig ist.
Schade, das war meine einzige CD mit Musik für Harmonie, Zeit und Raum. Sollte ich also in den nächsten fünfzehn Jahren etwas unausgeglichen sein und Ihnen kein Bier ausgeben, lassen Sie mir Ihre Pfandflasche da und gehen Sie nach Hause.


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Der Oktober 2007
James Blunt: "1973"

Das Wetter ist seit Monaten beschissen, drei neue Zähne im Oberkiefer sollen siebentausend Euro kosten und die durchgelaufene Sohle meines 46er Costa City-Sprinters zeigt mir, daß ich sehr bald wieder ein Schuhproblem habe.
Zum Glück macht nicht nur Not, sondern auch schlechte Laune erfinderisch.
Ich überlege zur Zeit, ob ich Gabriele Pauli verklagen soll, weil sie es nicht fertig gebracht hat, gegen einen Mann zu gewinnen, der Huber heißt. Und dann werde ich Huber verklagen, und zwar für die Impertinenz, die arme Frau so zu demütigen.
Und wo ich schonmal dabei bin, werde ich die Rockgruppe HERNE 3 für ihr unglaublich schlechtes Album "Strahlemann" zur Verantwortung ziehen, das ich mir auf dem Trödelmarkt für 50 Cent zugelegt habe. Da ist Zivilcourage gefragt und ich sehe nicht ein, daß ich auf den Kosten sitzen bleibe. Des weiteren werde ich Anzeige erstatten gegen den MSV-Stürmer Klemen Lavric, ja, da gucken Sie blöd. Aber wie würden Sie reagieren, wenn der Mann es nicht schafft, im wichtigen Spiel gegen Hannover 96 ein Tor zu erzielen?
Obwohl das Recht in all diesen Fällen auf meiner Seite ist, war das natürlich nur ein Scherz. In Wirklichkeit geht es um James Blunt. Ich glaube schon, daß meine Klage gegen ihn in allen Punkten begründet ist, daß das Gericht meinen Argumenten folgen wird und daß James und ich später, wenn wir uns erst einmal gegenseitig kennen- und schätzengelernt haben, über diese Episode herzhaft lachen werden. Vorausgesetzt, seine Entschädigung ist siebenstellig, denn das kann ich schon verlangen bei einem Kaliber wie "1973", seinem aktuellen Hit, der seit Wochen aus jedem Radio tropft, in jedes Ohr kriecht, sich weitergräbt nach Nord Nordwest und sich unterhalb der verbliebenen Haarwurzeln dauerhaft einnistet. Das ist schön für die Menschen und schön für Herrn Blunt, aber dieser Hit gehört eigentlich mir. Wirklich! Ganz klar mein Song! Statt "1973" würde er bei mir aber "1974" oder "1974 einhalb" heißen, denn ich versuche natürlich schon, stets am Puls der Zeit zu bleiben. "1974" (Tonk / Tonk / Copyright control) existiert zwar noch nicht, aber "1973" ist exakt der authentische Song, den ich mit "1974" schon immer mal schreiben wollte, um ordentlich Kohle zu machen. Bei "1973", hohes Gericht, handelt es sich um ein Plagiat eines ungeborenen Songs! Bitte schützen Sie die Lieder, die noch keine sind. Los, bestrafen Sie Mister Blunt!
Herr Richter, wie darf ich Ihren Blick deuten? Falls Sie mir einen Hit wie "1973" nicht zutrauen, ficken Sie sich doch ins Knie oder, noch besser: betrachten Sie sich bitte meine künstlerische Ader und hören Sie sich andere Songs von mir an! "Imagine", "Bohemian Rhapsody" , "Lebt denn der alte Holzmichl noch" und so weiter, da darf man übrigens auch mal auf die Knie fallen, und es steht wohl außer Zweifel, daß auch "1973" mein Song ist. Die Musik hätte ich genauso schamlos von "Ain´t Nobody White" von Mitch Ryder geklaut, der ist sowieso der Beste, ich hätte die Instrumente exakt so arrangiert wie mein etwas voreiliger, bluntiger Kumpan, ich hätte auch genau den gleichen Text gemacht, nur vielleicht etwas anders gesungen.
Jetzt schütteln Sie nicht den Kopf, nicken Sie, Mann! Zu Ihrer Information möchte ich anfügen, daß 1973 so einiges los war in meinem Leben. In jenem Jahr habe ich ein paar fehlerfreie Diktate in Serie hingelegt, ich finde, das ist schon einen Song wert. Außerdem handelt es sich bei der von Herrn Blunt schamlos besungenen "Mona" um meine Freundin. Die Beschreibung ihres Gesichts ist so detailliert, daß ich an keinen Zufall mehr glaube. Und wenn Blunt die Zeile "wish I was sober" kräht, ist das exakt mein primäres Grundbedürfnis, wenn ich das Klo vollkotze.
Alles klar? Gut, dann geben Sie doch bitte Mister Blunt noch meine Kontonummer und richten ihm aus, daß ich keinen Groll gegen ihn persönlich hege. In seinen Augen steckt viel Ehrenhaftes, seine Stimme multipliziert die Verletzbarkeit des Individuums und für seine Frisur bekommt er von mir fünf Prozent Rabatt.




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